Esther hat gewonnen!

Wer bekommt nicht gerne vorgelesen!? Wir durften an einem Montag, den 12. Mai in der Stadtbücherei Lemgo Zeugen einer viel zu oft ungehörten Kunst werden. Die Schulsiegerinnen und Schulsieger der Lemgoer Grundschulen versammelten sich dort und lasen um die Wette, wer wird die Vorlesekrone der Stadt gewinnen?

Ich will nicht lange auf die Folter spannen, es wurde Esther Peters aus der 4b unserer Schule. Eine wahrlich würdige Siegerin, so raunte es mir sogar der Kantor der St. Nicolai Kirche, einer der Juroren, heimlich ins Ohr. Esther gewann zusammen mit einem anderen Mädchen den Preis. Es war diesmal so organisiert, dass zwei Siegerinnen im Juni nach Detmold zur Vorleserunde auf Kreisebene geschickt werden. Esther las ein Kapitel aus dem Buch "Tom Sawyer" von Mark Twain, nacherzählt von Wolfram Hänel vor, nein, nicht irgendeins, sondern dass, wo Tom sich unsterblich in Becky verliebt. Vorne mit einem "B", hinten mit einem wunderbaren "Yps-si-lon", jede Silbe tropfte kunstvoll gelesen aus Esthers Mund und überzeugte in ihrer fast theatralisch vorgetragenen Leseweise das staunende Publikum.

Vorlesen ist mehr als das bloße Übertragen von geschriebenem Text in gesprochene Sprache – es ist eine lebendige Kunstform. Wer gut vorliest, schenkt Geschichten eine Stimme, haucht Figuren Leben ein und lässt Bilder im Kopf der Zuhörer entstehen. Dabei kommt es auf Tempo, Betonung, Pausen und Stimmeinsatz an. Gute Vorleserinnen und Vorleser schaffen es, Spannung aufzubauen, Gefühle zu transportieren und Zuhörende – ob Kinder oder Erwachsene – in den Bann der Erzählung zu ziehen.