Charakterbildung: FAQ zu den AHF-Werten (Teil II)

Was sind Werte?

Werte sind wie ein innerer Kompass. Sie zeigen, was uns wichtig ist, wie wir uns verhalten (möchten) und warum wir tun, was wir tun.

Was sind Tugenden?

Manche verstehen den Begriff der Tugend im Gegensatz zu Werten als eine universale Verhaltensweise, die in allen Kulturen geschätzt wird.1 Wir verwenden diesen Begriff dagegen synonym zu dem Begriff der Werte. Der Tugendbegriff unterstreicht präziser die gelebte Praxis eines Wertes.

Wie werden Werte im Allgemeinen verstanden?

Patrick M. Lencioni unterscheidet Grund-, Wunsch-, Mindest- und Zufallswerte voneinander.2

  • Grundwerte sind wie die Kohlensäure im Mineralwasser - sie 'durchziehen' die Persönlichkeit bzw. Organisation in ihrem inneren Wesen. Wir nennen sie auch 'Bauch-Werte', weil sie gefühlt und intuitiv erlebt werden.
  • Wunschwerte sind Eigenschaften, die eine Person bzw. Organisation gerne hätte oder sich unbedingt aneignen will. Wir nennen sie auch 'Kopf-Werte', weil sie an den Willen appellieren und bewusst vorgenommen werden.
  • Mindestwerte sind Verhaltensstandards, die im Allgemeinen anerkannt sind und eine grundsätzliche Basis des gemeinsamen Lebens ermöglichen (z.B. in Deutschland Pünktlichkeit).
  • Zufallswerte sind Merkmale, die sich bei einer Person oder Unternehmen herausbilden, jedoch ungewollt und nicht immer förderlich sind (z. B. Uniformität in einem Unternehmen).

Wie verstehen wir die zwölf AHF-Werte?

In unseren Kitas und Schulen prägen wir diese Werte: Gottvertrauen, Gemeinschaft, Dankbarkeit, Selbstannahme, Ehrlichkeit, Vergebungsbereitschaft, Respekt, Gerechtigkeit, Dienen, Verantwortung, Kreativität und Fleiß.

Sie sind für uns Grundwerte, d.h. sie werden in unserer Gemeinschaft intuitiv erlebt. Und sie sind für uns gleichzeitig Wunschwerte, die wir anstreben und zu erreichen suchen.

Warum sind Werte wichtig?

Werte sind wichtig, weil sie die Persönlichkeit des Individuums bzw. die Kultur einer Organisation prägen.

Warum sind Werte für die pädagogische Arbeit wichtig?

Es ist unsere Vision, dass junge Menschen eine wertvolle Bildung erfahren und zu verantwortungsvollen Persönlichkeiten heranwachsen. Wir sind überzeugt, dass nicht nur der Wissenstransfer, sondern auch die Charakterbildung in Kita und Schule wichtig ist. Die Bindungsforscherin Maria Schmidt hat in diesem Zusammenhang den inspirierenden Begriff der Herzensbildung geprägt.

Welchen Nutzen haben Mitarbeiter, wenn bestimmte Werte in einer Organisation gefördert werden?

Mitarbeiter wissen, woran sie dran sind. Werte geben Sicherheit und erhalten die Vitalität einer Organisation, weil sich alle Mitarbeiter - unabhängig der Position und Funktion - daran orientieren möchten.

Welchen Nutzen haben Mitarbeiter, wenn bestimmte Werte im pädagogischen Alltag gefördert werden?

  • Kinder und Jugendliche erleben in allen Bildungseinrichtungen dieselben Werte, die in unterschiedlichen altersgemäßen Ritualen erlebt werden können.
  • Die Fokussierung auf eine begrenzte Anzahl von Werten begünstigt die Reflektion und die gedankliche Auseinandersetzung mit diesen Werten.
  • Die Werte sind nicht ein add-on der sonstigen Arbeit, sondern sie sollen die Atmosphäre im Morgenkreis, auf dem Spielplatz, auf dem Pausenhof und im Unterricht prägen. Die Werte beeinflussen das Klima der Gemeinschaft und fördern damit das Positive im Kita- und Schulalltag.

Was ist die Grundlage der AHF-Werte?

Die AHF-Werte knüpfen inhaltlich beim Wesen Gottes an und werden vom Evangelium in Jesus Christus getragen.

Im Epheserbrief 5,1 werden Christen aufgefordert, zu Nachahmern Gottes (lat. imitatio dei) zu werden: "Nehmt euch daher Gott selbst zum Vorbild; ihr seid doch seine geliebten Kinder!". Der Begründungszusammenhang ist offensichtlich: Kinder spiegeln im Allgemeinen das Wesen und die Kultur ihrer Eltern wider. Christen sollen sich daher am Wesen ihres Vaters orientieren. Andere Belege in der Bibel legen nahe, dass offensichtlich nur die beziehungsorientierten Eigenschaften Gottes gemeint sein können. An keiner Stelle werden Christen aufgefordert, den sogenannten ontologischen Eigenschaften Gottes nachzueifern (Allmacht, Allgegenwart usw.). Die AHF-Werte beziehen sich also darauf, wie Gott selbst sich in seiner Beziehung zur Welt offenbart.

Die AHF-Werte werden vom Evangelium in Jesus Christus gehalten. Im Evangelium hören wir den Zuspruch Gottes an uns. Christus sagt: "Ich habe dich geliebt." Weil der Herr uns seine Liebe zusichert, können bzw. möchten wir (aus Dankbarkeit) einander lieben (vgl. Epheserbrief 5,2). Die Orientierung am Evangelium in Jesus Christus bewahrt uns davor, die Werte nur moralisch zu interpretieren. Darüber hinaus macht das Evangelium in Jesus Christus deutlich, dass Gott selbst in uns die Veränderung des Charakters bewirken möchte.

Wieso gerade diese 12 Werte?

Gruppenentscheidungen leben von Kompromissen. Es sind Werte, auf die wir uns nach bestem Wissen und Gewissen in einem Gremium von ca. 15-20 Personen in einem längeren Prozess im Jahr 2018 geeinigt haben.

Werden nur diese 12 Werte in den AHF-Kitas und -Schulen geprägt werden?

Keineswegs. Selbstverständlich können und werden Einzelne auch andere Werte in die pädagogische Arbeit einbringen (z.B. Mut bzw. Tapferkeit).

Können Werte zu Einseitigkeiten führen?

Ja, Werte können - im Extrem gedacht - eine negative Schlagseite erhalten. So kann der Wert Dienen einen Sinn von 'Unterwürfigkeit' bekommen. Der Wert Ehrlichkeit verliert seine positive Kraft, wenn er schonungslos und ohne Rücksicht auf Verluste ausgelebt wird.

Solche Einseitigkeiten sind zu vermeiden, indem wir uns am Wesen Gottes (Gott selbst ist in seinen Eigenschaften komplementär) orientieren und die Werte selbst einander begrenzen (z. B. Ehrlichkeit erfährt eine gesunde Begrenzung durch Respekt.).

Bedeutet dies, dass vor dem Jahr 2018 keine Werte an den AHF-Kitas und -Schulen gelebt wurden?

Natürlich nicht. Eine Pädagogik ohne Werte gibt es nicht.

  

"Menschen, die keine Werte haben, sind logischerweise... wertlos. Und wissen sie, wie man sich fühlt, wenn man wertlos ist? Nicht gut." Johannes Warth, Redner, Autor und Ermutiger

 

1 Popov, Linda Kavelin (2014): Wege zur Charakterbildung. Tugenden und Lebensqualitäten für Kinder und Jugendliche; Ein praktischer Ansatz für Erzieher, Lehrer und alle, die Kinder und Jugendliche in ihrer Persönlichkeitsentwicklung positiv unterstützen wollen. The Virtues Project. Jenbach: Shira Publishing.

2 Lencioni, Patrick M. (2014): Der Vorteil. Warum nur vitale und robuste Unternehmen in Führung gehen. Weinheim: Wiley-VCH Verl. S. 98-104.

 

 

 

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Tel.: 05231 9216912
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